Schopenhauer - unter Pudeln und Piraten
Am letzten Freitag hatte Arthur Schopenhauer seinen 225. Geburtstag. Frau Voss wies mich darauf hin, dass Google zur Feier des Tages sein Logo mit einer Zeichnung verziert hatte: Schopenhauer beim Gassigehen mit seinem Pudel. "Jaja", sagte ich zu ihr, "das ist wieder typisch. Der Pudel, immer wieder und immer nur der Pudel ... Schopenhauer trat als der Weltweise von Frankfurt in die Geistesgeschichte ein - und steht am Ende nur als Hundebesitzer da. Das ist alles, was von ihm geblieben ist. Das könnte einen geradezu zum Pessimisten machen - wenn man es nicht schon wäre!"
Frau Voss, die mehr Sinn für Tatsachen als für Tiraden hat (wenn es sich um meine Tiraden handelt), stellte sofort die entscheidende Frage: "Wieviele Pudel hatte er eigentlich?" Das brachte mich in Verlegenheit. Zwar habe ich einen ganzen Stapel von Schopenhauer-Biographien gelesen und es war darin immer auch am Rande vom Thema Pudel die Rede, aber im Grunde ist das bis heute der große blinde Fleck der Forschung: Wann genau wurde Schopenhauer zum Hundebesitzer? Wieviele Pudel hatte er im Laufe seines Lebens? Was waren die exakten Lebensdaten und Eigenschaften der einzelnen Exemplare? Hießen sie wirklich alle Atman (wie die nachlässige Forschung behauptet) und wurden sie alle wirklich mit dem Schimpfwort "Mensch!" gerügt, wenn sie sich daneben benahmen? Wir wissen es nicht genau ... Nachsitzen ist angesagt: Rüdiger Safranski wird sich wohl noch einmal an die Arbeit machen müssen.
Dass nun ausgerechnet Google in Schopenhauers Geburtstag den feierlichen Anlass erkennt, leuchtet ein. Schließlich geht es sowohl der Suchmaschine als auch dem Philosophen um das eine: das erkennbar zu machen, was zwar schon da ist, sich aber im Verborgenen hält ... und wenn es zum Vorschein gekommen ist, den Schluss zu ziehen, dass es besser gewesen wäre, wenn es nie etwas gegeben hätte. Aber zugegeben: Wenn es um diese Konsequenz geht, dann trennen sich hier die Wege von Suchmaschinenbetreiber und metaphysischem Pessimisten.
Dank des Internet geht es ja in der Welt, wie wir sie uns vorstellen müssen (ob wir es nun wollen oder nicht) genau so zu, wie bei einem globalen Wet-T-Shirt-Contest: zwar bleibt alles notdürftig verhüllt und doch kriegt man alles zu sehen, was man sehen will. Genau: Wenn man endlich mal von dem leidigen Pudelthema abkommt, kann man zu der verblüffenden Einsicht gelangen, dass Schopenhauer heute ein Parteigänger der Piraten wäre - und nicht nur wegen ihrer Forderung nach Transparenz. Glauben Sie nicht? Dann lesen Sie mal Parerga und Paralipomena, Band II, § 272. Hier stellt Schopenhauer die These auf, dass nur die Bücher etwas taugen, die der Sache wegen geschreiben werden - und nicht, um Geld damit zu verdienen. "Honorar und Verbot des Nachdrucks sind im Grunde der Verderb der Literatur", sagt er. Klingt vertraut, oder?
Was ich hier schreibe, ist also gänzlich unverdorbene Literatur, denn ich bekomme keinen müden Cent dafür. Aber ich sehe auch das pessimistisch: So kommt man auf den Hund - womöglich ist das dann ein Pudel. Und das wäre mir schon deshalb unangenehm, weil ich Katzen und nur Katzen mag.
Frau Voss, die mehr Sinn für Tatsachen als für Tiraden hat (wenn es sich um meine Tiraden handelt), stellte sofort die entscheidende Frage: "Wieviele Pudel hatte er eigentlich?" Das brachte mich in Verlegenheit. Zwar habe ich einen ganzen Stapel von Schopenhauer-Biographien gelesen und es war darin immer auch am Rande vom Thema Pudel die Rede, aber im Grunde ist das bis heute der große blinde Fleck der Forschung: Wann genau wurde Schopenhauer zum Hundebesitzer? Wieviele Pudel hatte er im Laufe seines Lebens? Was waren die exakten Lebensdaten und Eigenschaften der einzelnen Exemplare? Hießen sie wirklich alle Atman (wie die nachlässige Forschung behauptet) und wurden sie alle wirklich mit dem Schimpfwort "Mensch!" gerügt, wenn sie sich daneben benahmen? Wir wissen es nicht genau ... Nachsitzen ist angesagt: Rüdiger Safranski wird sich wohl noch einmal an die Arbeit machen müssen.
Dass nun ausgerechnet Google in Schopenhauers Geburtstag den feierlichen Anlass erkennt, leuchtet ein. Schließlich geht es sowohl der Suchmaschine als auch dem Philosophen um das eine: das erkennbar zu machen, was zwar schon da ist, sich aber im Verborgenen hält ... und wenn es zum Vorschein gekommen ist, den Schluss zu ziehen, dass es besser gewesen wäre, wenn es nie etwas gegeben hätte. Aber zugegeben: Wenn es um diese Konsequenz geht, dann trennen sich hier die Wege von Suchmaschinenbetreiber und metaphysischem Pessimisten.
Dank des Internet geht es ja in der Welt, wie wir sie uns vorstellen müssen (ob wir es nun wollen oder nicht) genau so zu, wie bei einem globalen Wet-T-Shirt-Contest: zwar bleibt alles notdürftig verhüllt und doch kriegt man alles zu sehen, was man sehen will. Genau: Wenn man endlich mal von dem leidigen Pudelthema abkommt, kann man zu der verblüffenden Einsicht gelangen, dass Schopenhauer heute ein Parteigänger der Piraten wäre - und nicht nur wegen ihrer Forderung nach Transparenz. Glauben Sie nicht? Dann lesen Sie mal Parerga und Paralipomena, Band II, § 272. Hier stellt Schopenhauer die These auf, dass nur die Bücher etwas taugen, die der Sache wegen geschreiben werden - und nicht, um Geld damit zu verdienen. "Honorar und Verbot des Nachdrucks sind im Grunde der Verderb der Literatur", sagt er. Klingt vertraut, oder?
Was ich hier schreibe, ist also gänzlich unverdorbene Literatur, denn ich bekomme keinen müden Cent dafür. Aber ich sehe auch das pessimistisch: So kommt man auf den Hund - womöglich ist das dann ein Pudel. Und das wäre mir schon deshalb unangenehm, weil ich Katzen und nur Katzen mag.
PeterMiese - 28. Feb, 11:32